Alle News / SORA Rötel sucht Gastfamilien für Jugendliche

Ein Zuhause auf Zeit

Nina Wigert und Lukas Ruppel arbeiten beide als DAF-Fachperson bei SORA Rötel. DAF steht für Dienstleistungsangebote in der Familienpflege und fasst zusammen, was die beiden täglich tun: Sie begleiten Jugendliche und junge Erwachsene sowie ihre Gastfamilien von der Rekrutierung über die gemeinsame Platzierungszeit bis hin zum Auszug. Dabei arbeiten sie mit den derzeit zehn Jugendlichen und ihren Gastfamilien eng als Team zusammen.

Nina, für wen sucht ihr Gastfamilien?

Nina: Wir suchen Gastfamilien, unser Synonym für Pflegefamilien, die bereit sind, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 25 Jahren bei sich aufzunehmen. Diese Jugendlichen suchen aus verschiedensten Gründen ein Zuhause auf Zeit. Beispielweise weil die Eltern zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage sind, eine angemessene Betreuung und Förderung zu bieten. Dies kann aus beruflichen, oder gesundheitlichen Gründen oder aus allgemeiner Überforderung mit der aktuellen Situation entstehen. Auch für minderjährige Geflüchtete, in der Fachsprache MNAs, die niemanden in der Schweiz haben, werden Gastfamilien gesucht.

Lukas, wie sieht das Leben eines Teenagers bei einer Gastfamilie aus? Was sind die Aufgaben der Gastfamilie?

Lukas: Die wichtigste Aufgabe der Gastfamilien oder auch Pflegeperson ist es, den Jugendlichen eine stabile, sichere Umgebung zu bieten, Familienanschluss zu gewährleisten und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Diese Personen müssen sich bewusst machen, dass die Jugendlichen gerade in einer schwierigen Situation sind und viel Geduld und Verständnis benötigen.  

Nina: Zu den Aufgaben gehört es auch, eine geregelte Tagesstruktur zu bieten. Bei der Übergangs- und Langzeitplatzierung gehen die Jugendlichen in die Schule oder besuchen eine Ausbildung. Da geht es primär um geregelte Essenszeiten und Begleitung während der Freizeit. Beim Time-out und der Krisenintervention hingegen muss die Gastfamilie während maximal drei Monaten eine möglichst ganztägige Betreuung sicherstellen. Das reicht von gemeinsamen Unternehmungen über Projekte bis hin zur Mithilfe;  beispielsweise auf einem Bauernbetrieb.

Wie arbeitet  SORA Rötel mit den Gastfamilien zusammen?

Lukas: Wir begleiten die Jugendlichen und Gastfamilien sehr nah. Zu Beginn der Platzierung treffen wir gemeinsam Vereinbarungen in Bezug auf die Ziele, Hausregeln und Familienwerte, die wir schriftlich festhalten. Anschliessend besuchen wir die Familien regelmässig, unternehmen gemeinsam Aktivitäten und stehen auch telefonisch in Kontakt. Dabei ist es uns wichtig, im Bezugspersonensystem und auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.

In Notfällen sind wir 24 Stunden am Tag erreichbar. Wir teilen uns diesen Pikettdienst im Team auf und stellen dafür sicher, dass die Jugendlichen und Gastfamilien das ganze Team kennen.

Wer kommt als Pflegefamilie infrage?

Nina: Grundsätzlich jede erwachsene Person, die bereit ist, ihr Zuhause für eine jugendliche Person zu öffnen. Dazu gehört nicht nur, ein Zimmer zur Verfügung zu stellen, sondern die Bereitschaft, die Jugendlichen ins (Familien-)Leben zu integrieren. Wir sprechen immer von Gastfamilien, meinen damit aber auch Einzelpersonen, WGs, Senior*innen oder (gleichgeschlechtliche) Paare mit oder ohne Kinder.

Lukas: Um infrage zu kommen, braucht man in erster Linie Lust, sich auf die Lebensthemen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen einzulassen. Da kommt eine Menge «Drive» ins Haus, deshalb muss man mit beiden Beinen im Leben stehen. Selbstverständlich wird auch ein sauberer Strafregisterauszug (Privat und Sonderprivat) vorausgesetzt.

Im sicheren Hafen der Gastfamilie gewinnen die Jugendlichen Distanz zu ihrem Alltag und können neue Strategien entwickeln.

 

Gibt es räumliche Einschränkungen?

Lukas: Wir suchen vor allem Familien im Raum der Stadt Zürich, sind aber auch offen für andere Orte, solange sie zur Lebenswelt der Jugendlichen passen. Wir achten dabei je nach Platzierungsform einerseits darauf, dass die Jugendlichen keine zu langen Pendelzeiten haben und andererseits weiterhin über die Möglichkeit verfügen, ihre Freunde zu treffen und ihren Hobbys nachzugehen.

Wie muss man vorgehen, wenn man sich als Gastfamilie melden möchte?

Nina: Man kann sich telefonisch oder per E-Mail bei uns melden. Wir führen dann ein erstes Gespräch und schicken weiterführende Informationen und Formulare. Wenn alles passt, gehen wir anschliessend bei der potenziellen Gastfamilie vorbei, lernen sie in ihrem Zuhause kennen. Nach unserem standardisierten Abklärungsverfahren wird gemeinsam über eine Zusammenarbeit entschieden. Zusätzlich zu unserem Verfahren wird die Eignung der angehenden Gastfamilie von der zuständigen Pflegefachbehörde des jeweiligen Kantons geprüft und bewilligt.

Kann man sich auch als Sozialpädagog*in melden?

Lukas: Auf jeden Fall! Dabei hat man sogar zwei Optionen: Entweder meldet man sich als «normale» Gastfamilie, wie oben beschrieben oder als «Fachfamilie». Als Fachfamilie erhält man anspruchsvollere Fälle, die mehr Know-how erfordern. Man kann daher während der Platzierung maximal zu 20 Prozent berufstätig sein. Dafür wird man höher vergütet.

Wie sucht ihr die Gastfamilien für die Jugendlichen aus?
Nina: Kommt eine Familie oder Person als Gastfamilie in Frage, lernen wir sie in unserem Abklärungsverfahren intensiv kennen. Unser Ziel ist es, dass die Familie und der/die Jugendliche möglichst gut zueinander passen – in Bezug auf die räumlichen Bedürfnisse der jugendlichen Person aber auch mit Blick auf Einstellungen, Sympathien, Beschäftigungsangebote und Ähnliches.

Wie werden Gastfamilien vergütet?

Lukas: Pro Tag erhalten Gastfamilien zwischen 100 und 140 Franken für Kost, Logie und pädagogische Arbeit. Unterschieden wird dabei zwischen Platzierungsformen, Familienpflege und Fachfamilienpflege.

Was passiert, wenn eine Gastfamilie merkt, dass sie der Sache nicht gewachsen ist?

Lukas: Das ist natürlich schade, aber lässt sich nicht immer vermeiden. Wir versuchen, Gastfamilien beim Rekrutierungsverfahren möglichst gut auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Die Platzierungen begleiten wir sehr eng, tauschen aus, beraten, unterstützen und erkennen daher frühzeitig Schwierigkeiten. Zusätzlich können wir auf unterstützende Möglichkeiten wie zum Beispiel Supervision zurückgreifen. Sollte ein Abbruch einer Platzierung trotz aller Massnahmen nicht zu verhindern sein, achten wir dennoch auf einen möglichst strukturierten und aufgearbeiteten Austritt. So versuchen wir eine weitere Abbruchserfahrung für die Jugendlichen zu verhindern.

Gibt es Gastfamilien, zu denen ihr eine ganz besondere Beziehung habt?

Nina: Grundsätzlich haben wir zu all unseren Gastfamilien sehr individuelle und gute Beziehungen, welche wir intensiv pflegen. Zurzeit begleiten wir eine anspruchsvolle Platzierung in einer Gastfamilie mit nur einer Person. Das erfordert eine besonders transparente und achtsame Zusammenarbeit zwischen der Gastmutter und uns als DAF-Fachpersonen.

KONTAKT:

T +41 (0)44 368 55 37   

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